Gerda ist einsam
Gerda ist einsam. So richtig einsam. Also nicht nur ab und zu, sondern immer. Denn Gerda hat keine Verwandten, die mal bei ihr vorbeischauen. Gut, der Pflegedienst kommt regelmäßig. Aber da die immer im Stress sind und ständig andere Pfleger oder Pflegerinnen kommen, kann man zu denen auch keine Beziehung aufbauen. Wollen die auch gar nicht. Zu viel Nähe ist nicht gut, bekommen sie in ihrer Ausbildung beigebracht.
Leider ist die Ehe mit ihrem Kurt, der vor sechs Jahren verstorben ist, kinderlos geblieben. Trotzdem denkt sie gern an die Zeit mit ihrem Mann zurück. Sie denkt nicht nur gern daran zurück, sie sehnt sich regelrecht danach. Fast fünfzig Jahre waren sie verheiratet und sie hatten eine schöne Zeit, sind viel gereist und haben auch sonst viel unternommen. Langeweile ist mit Kurt nie aufgekommen, das Leben mit ihm war das krasse Gegenteil zu ihrem jetzigen Leben. Einem Leben, das aus einer bescheidenen Rente und einer kleinen Wohnung besteht, die sie damals direkt nach der Hochzeit bezogen haben. In all den Jahren ist Kurt immer sehr sparsam gewesen. Sparsam, nicht geizig. Das Geld, das er beiseitelegte, hatte er immer genutzt, um Gerda mit irgendwas zu überraschen. Mal war es ein neues Möbelstück, mal ein spontaner Wochenendausflug, mal ein neues Kleid oder ein besonderes Weihnachtsgeschenk. Kurt hatte wirklich viel getan, um die Kinderlosigkeit zu kompensieren. Daran muss Gerda oft denken. Und sie ahnt ja nicht, dass Kurt mit seiner Sparsamkeit noch sechs Jahre nach seinem Tod Gerda dazu verhilft, zwei kleinen Jungens ein unvergessliches Weihnachtsfest zu bescheren.
Noch einmal alles so wie früher
Die Wohnung liegt in dem großen Mietshaus in einem Vorort von Hamburg. Erstbezug war das damals. Eine richtig schöne Hausgemeinschaft. Sie haben die Nachbarskinder aufwachsen sehen, haben sich mit allen Nachbarn prächtig verstanden, haben sich gegenseitig geholfen, wo es nur ging. Und haben auch mal kräftig zusammen gefeiert. Das war eine wirklich schöne Zeit. Vieles hat sich seitdem in diesem Haus verändert. Nachbarn sind verstorben oder weggezogen, neue Nachbarn sind hinzugekommen. Die meisten wollen jedoch für sich sein, sind berufstätig oder viel unterwegs. Viele sieht man sehr selten. Die Gelegenheit, eine gute Nachbarschaft zu pflegen, bekommt man gar nicht erst. Nicht, dass Gerda mit ihrem Schicksal hadert. Sie hat es gelernt, mit Wenigem zufrieden zu sein. Aber auf die Dauer wird die Einsamkeit doch schon zu einer großen Belastung. Gerade jetzt zur Weihnachtszeit. Mit Kurt hatten sie es sich damals immer richtig schön gemacht. Jedes Jahr wurde eine anständige Tanne besorgt und geschmückt. Und Heiligabend wurde es richtig festlich. Darauf haben beide immer großen Wert gelegt. Und sich auch immer gern gegenseitig schöne Weihnachtsgeschenke gemacht. Ach ja, Gerda seufzt bei dem Gedanken an damals. Sie blickt aus dem Fenster. Draußen ist alles grau, leichter Nieselregen überzieht die Landschaft mit einem feuchten Schleier.
Verhältnisse wie im Fernsehen
Eine Etage drüber ist neulich eine junge Frau eingezogen, alleinerziehende Mutter mit zwei wirklich reizenden Jungen. Gut erzogen und höflich. Klar, sie sind auch mal laut und manchmal geht es in der Wohnung über ihr hoch her. Aber dann freut sich Gerda, dass sie wenigstens mal etwas hört aus einer anderen Wohnung. Neulich hat sie im Hausflur mitbekommen, wie die junge Mutter mit ihren Söhnen über Weihnachten sprach. Sie hat nicht bewusst gelauscht, aber wenn man in dem hellhörigen Haus im Flur steht, kann man schon gut verstehen, was in anderen Wohnungen gesprochen wird. Und das, was sie jetzt aus der Wohnung oben hörte, hat sie sehr traurig gemacht. Denn die junge Mutter brachte ihren beiden Jungs gerade bei, dass es in diesem Jahr aus finanziellen Gründen leider keine Weihnachtsgeschenke geben würde. Kein Weihnachtsgeschenk für diese netten Jungs? Und dann hörte sie nur noch Wortfetzen wie „euer Vater zahlt leider nicht“ und „wir kommen soeben über die Runden“. Als Gerda in ihre Wohnung zurückging, musste sie sich erstmal setzen. Kein Weihnachtsgeschenk für die Kinder. Das kannte sie eigentlich nur aus den einschlägigen Shows im Nachmittagsfernsehen. Dass so etwas bittere Realität sein kann und dann noch im gleichen Haus, das hatte sie bisher kaum geahnt.
Was gehen Gerda fremde Leute an?
So etwas hätte es damals ja nicht gegeben. Also, als die Nachbarschaft noch intakt war. Da wusste man um die Sorgen der anderen Familien, und da hat man sich immer gegenseitig ausgeholfen, auch finanziell, wenn es mal richtig knapp war. Damals, als Herr Schröder so plötzlich krank wurde und längere Zeit nicht mehr arbeiten konnte. Was hatten die Schröders finanzielle Sorgen und so mancher Nachbar hat ihnen mal was zugesteckt. Oder als Frau Otto ins Krankenhaus musste und die Nachbarn reihum für die Familie gekocht haben. Und auch, als Frau Becker ihren ersten Heiligabend als Witwe allein verbringen musste. Da war klar, dass Kurt und Gerda sie einluden und den Abend mit ihr verbrachten und natürlich auch noch ein kleines Weihnachtsgeschenk für sie hatten. Heute ist alles irgendwie kälter, anonymer, unpersönlicher geworden.
Irgendwie hatte Gerda die Begebenheit aus dem Flur wieder vergessen. Was sollte sie auch machen. Von ihrer kleinen Rente konnte sie sich keine großen Sprünge erlauben. Erst recht nicht, großzügige Spenden für andere Menschen leisten. Und außerdem, vielleicht war die Frau ja selbstverschuldet in diese Situation geraten, und eigentlich könnte sie ja auch arbeiten gehen, und bestimmt hat sie auch ein gestörtes Verhältnis zu ihren Eltern, sonst könnten die ja einspringen. Und überhaupt, was gehen sie diese fremden Leute an? Gerda musste sich eingestehen, dass sie viele Gründe finden würde, um nicht zu helfen, selbst wenn sie es könnte. Obwohl, die Jungs konnten ja nun wirklich nichts dafür, dass sie sich nicht wie andere Kinder über ein Weihnachtsgeschenk freuen konnten.
In der Kommode schlummert ein kleines Vermögen
Ein paar Tage vor Weihnachten machte sich Gerda daran, die kleine Kommode, in der Kurt immer seine persönlichen Sachen aufbewahrt hatte, aufzuräumen. Bisher hatte sie sich immer dagegen gesträubt, aber einmal musste sie ja damit anfangen. Da war die Taschenuhr, die er immer sonntags getragen hat – ein Weihnachtsgeschenk von Gerda übrigens -, der Füller, mit dem er ihr damals die ersten Briefe geschrieben hatte und den er deshalb behütet hat wie seinen Augapfel. Etliche persönliche Erinnerungsstücke, die ihr die Tränen in die Augen trieben. Jetzt hielt sie seine Geldbörse in den Händen. Die hatte sie seit seinem Tod nicht angerührt. Irgendwie hatte sie das nie gekonnt. Und während sie sie langsam öffnet, entdeckt sie ein für ihre Verhältnisse kleines Vermögen – 420 Euro. Da hat ja die ganzen Jahre ein richtig kleiner Schatz in der Kommode geschlummert. Aber so richtig freuen kann sie sich nicht, zu groß ist die schmerzliche Erinnerung an ihren Kurt, der dieses Geld ja noch selbst in seinen Händen gehalten hat.
Hilfsbereitschaft statt Vorurteile
Als sie so gedankenverloren auf das Geld vor sich starrt, hört sie, wie die Jungs in der Wohnung über ihr toben. Und da fasst sie einen Entschluss. Oder nicht. Soll ich wirklich? Ich kenn die junge Frau doch gar nicht richtig. Und ist das nicht zu übergriffig? Soll ich mich da wirklich einmischen? Denkt sie nicht, ich belausche sie? Und hatte ich nicht schon genügend Gründe gefunden, ihr eigentlich sowieso nicht helfen zu müssen? Gerda ist unsicher. Sie hat das Geld, das die junge Frau oben gut gebrauchen könnte, um ihren Jungs ein wunderschönes Weihnachtsfest zu bereiten. Und sie selbst braucht das Geld nicht unbedingt, denn wenn sie es nicht zufällig gefunden hätte, hätte sie es ja auch nicht gehabt. Gut, etwas davon kann sie ja für sich zur Seite legen. Aber den Rest…
Zögerlich nimmt sie ein paar Geldscheine in die Hand und geht zur Tür. Bleibt noch mal stehen, soll ich wirklich? Aber dann gibt sie sich einen Ruck, geht eine Etage höher und klingelt an der Wohnungstür. Zunächst öffnet sich die Tür nur einen Spalt, aber als die junge Frau sieht, dass es die Nachbarin von unten ist, bittet sie sie herein in ihr bescheidenes Wohnzimmer. Gerda druckst ein wenig herum und weiß nicht genau, wie sie anfangen soll. Aber irgendwann erzählt sie dann einfach die Geschichte von ihrem Kurt, und der Kommode und dem Portemonnaie – und dass sie zufällig mitbekommen hat, wie es um die Finanzen ihrer Nachbarin steht. Und dass sie jetzt eben da sei, um ihr und ihren Kindern vielleicht doch noch ein schönes Weihnachtsfest zu ermöglichen.
Gerdas schönstes Weihnachtsfest seit langem
Ihr könnt euch vorstellen, wie die Geschichte endet. Für Gerda war es das schönste Weihnachtsfest seit langem. Denn die Nachbarin, Melanie heißt sie übrigens, hat es sich nicht nehmen lassen, sie für Heiligabend einzuladen. Und hat nicht nur für ihre beiden Söhne ein paar Wünsche erfüllen können, sondern hat von dem Geld auch noch ein köstliches Menü gezaubert und Gerda mit einem kleinen Geschenk überrascht. So viel Wärme und Dankbarkeit hat sie an diesem Abend verspürt. Und dann haben sich Melanie und Gerda aus ihrem Leben erzählt. Irgendwann sagte Melanie: „Gerda, du hast so viel erlebt, du müsstest eigentlich ein Buch über euer Leben schreiben“. Gerda schmunzelt, den Satz hat sie schon oft gehört. Und Melanie ergänzt: „Ich weiß auch schon wie. Es gibt da eine Möglichkeit, ein eigenes Buch zu erstellen, im Internet.“ „Ach Kind, da habe ich doch überhaupt keine Ahnung von“. Melanie holt ihr Tablet und zeigt Gerda auf der Internetseite von meminto.com wie einfach es tatsächlich ist, ein Buch über sein eigenes Leben oder auch andere Themen zu erstellen. „Ich helfe dir gern dabei“, sagt Melanie. „Schließlich hast du einen gut bei mir“. Und als Gerda den Preis sieht, weiß sie, warum sie etwas von Kurts Geld zurückbehalten hat. Noch am gleichen Abend legen sie gemeinsam bei meminto.com ihren Kundenaccount an und starten mit dem Buch über ihr Leben. So hat sich Gerda – auch dank Kurts Sparsamkeit – selbst noch ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk gemacht.
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