Über ein Leben von Vor-Wende-Kindern nach der Wende
Als sich im November 1989 die Grenzzäune und -mauern über Nacht öffneten, waren Hans und Erika gerade mal drei Jahre verheiratet. Sie hatten sich auf ein Leben in der Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR, eingestellt und mit den Bedingungen entsprechend arrangiert. Denn im Grunde blieb ihnen ja auch nichts anderes übrig. Und eigentlich hatte man ja auch alles, was man brauchte. Hans hatte einen Job in der hiesigen LPG, Erika ging halbtags im einzigen Lebensmittelgeschäft des Ortes als Kassiererin arbeiten. Sie hatten einen guten Freundeskreis, waren im örtlichen Sportverein engagiert, machten ihre Urlaube auf Rügen oder Hiddensee und waren im Großen und Ganzen zufrieden. Und als nach einem Jahr ihre Tochter Agnes geboren wurde, war das Glück nahezu perfekt. Gut, gewisse Rahmenbedingungen waren schon etwas bedrückend, die ständige Angst, vor staatlichen Repressalien war allgegenwärtig. Aber wenn man sich unauffällig verhielt und sich nichts zu Schulden kommen ließ, dann konnte man ein relativ unbeschwertes Leben führen. Natürlich flackerten die Träume von einem Leben im Westen immer wieder mal auf, mit all den Verlockungen, die dort geboten aber von der eigenen Regierung verleugnet wurden. Aber Träumen konnte ja nicht bestraft werden, zumindest solange man seine Träume für sich behielt.
Und dann kam dieser historische 9. November 1989, ein Tag, an dem die Welt den Atem anhielt. Ein Ereignis, das sich irgendwie über Wochen abgezeichnet hatte, aber an dessen Realität kaum einer zu glauben gewagt hatte, hüben wie drüben. Agnes war damals gerade mal 18 Monate alt. Geboren in einem Land, an das sie keine Erinnerungen mehr hat. Denn ihr Heimatland, die DDR, verschmolz innerhalb kürzester Zeit mit der Bundesrepublik Deutschland zu einem gesamtdeutschen Staat. Am 3. Oktober 1990 wurde in einem würdigen Rahmen mit dem Tag der deutschen Einheit die Wiedervereinigung der nach dem zweiten Weltkrieg durch die Alliierten getrennten beiden deutschen Staaten gefeiert. Und Agnes, die, wie so viele sogenannte Wendekinder im Baby- oder Kleinkindalter, nach der Wende aufwuchs, kennt heute ihr Heimatland nur noch aus Erzählungen, Büchern oder Filmen und gelegentlichen Besuchen bei den Großeltern.
Aufbruch in ein besseres Leben
Vieles hat sich nach der sogenannten Wende in kürzester Zeit verändert. Die neugewonnene Freiheit hat auch Hans und Erika irgendwann veranlasst, in den Westen zu ziehen. Dorthin, wo vermeintlich alles besser war, moderner, die Städte sauberer, die Löhne höher, die Luft besser, die Wohnungen größer und überhaupt – der vielgepriesene Westen war schon so etwas wie das gelobte Land für die ehemaligen Bürger der DDR. In der Nähe von Kassel haben Hans und Erika ihre neue Heimat gefunden – nicht ganz so weit von ihrem ehemaligen Wohnsitz in Thüringen. Nah genug, um die alte Heimat doch ab und zu besuchen zu können, aber auch weit genug, um das alte Leben hinter sich zu lassen. Hans bekam eine gute Anstellung in einem Gartenbaubetrieb und Erika fand nach einiger Zeit wieder eine Halbtagsstelle als Kassiererin. Sie bauten sich einen neuen Freundeskreis auf, wurden wieder im Sportverein aktiv und so nach und nach verblassten die Erinnerungen an ihr früheres Leben.
Agnes wuchs heran, und je älter sie wurde, umso mehr interessierte sie sich für die Herkunft der Eltern. Denn irgendwann stellte sie fest, dass die meisten Menschen in ihrer Umgebung anders sprachen oder teilweise andere Wörter verwendeten. Sie kannte zwar den Begriff „Dialekt“ noch nicht, aber trotzdem merkte sie den Unterschied zu den anderen Menschen in der Schule oder im Sportverein. Und dann haben ihr die Eltern erzählt. Von der Zeit vor der Wende, von der DDR, von den Lebensumständen, der Mangelwirtschaft und dem großen Traum vom Westen. Und vor allem von der Nacht, in der dieser große Traum greifbar wurde, als man unbehelligt reisen durfte, hinfahren, wo immer man wollte. Und von der Entscheidung, die alte Heimat in Thüringen gegen ein neues Leben in Westdeutschland zu tauschen.
Was wäre wenn?
Dann wird Agnes oft nachdenklich. Wie wäre es wohl geworden, wenn wir in Thüringen geblieben wären. Oder was wäre, hätte es den Mauerfall nie gegeben. Was für einen Freundeskreis hätte ich? Würden wir auch heimlich Westradio hören? Viele Fragen, auf die Agnes nie eine Antwort bekommen wird. Wenn sie mit ihren Eltern in die alte Heimat fährt und die Großeltern besucht, dann ist das für sie alles völlig fremd. Denn ihre Heimat ist jetzt woanders, in der Nähe von Kassel, sie kennt nichts anderes und sie will auch nichts anderes. Und wenn die Verwandten dann von früher erzählen, dann kann sie nicht wirklich etwas damit anfangen. Weil ihr die DDR völlig fremd ist und das damalige Leben ihr so viel schlechter erscheint als ihr jetziges. Auch wenn Opa und Oma schon mal einen verklärten Blick bekommen und von wirklich schönen Erlebnissen zu berichten wissen.
Als Agnes älter wird, denkt sie häufiger mal über die DDR nach. Nicht, dass sie sich wünscht es wäre alles anders gekommen und sie wäre dort aufgewachsen. So ist es nicht, dafür fühlt sie sich viel zu wohl in ihrer jetzigen Umgebung. Und trotzdem hat sie das Gefühl, dass man die Erinnerung an die Zeit der Wende, so wie ihre Eltern sie mit ihrem kleinen Mädchen erlebt haben, festhalten sollte. Denn ihr Dialekt, denn sie ja wie beiläufig von ihren Eltern übernommen hat, enttarnt sie zwangsweise als „Ostdeutsche“. Auch wenn sie nie dort wirklich gelebt hat. Aber immerhin gehört sie zu der Generation von Menschen, die in einem Land geboren sind, das kurz danach quasi abgeschafft wurde.
Am besten ein Buch schreiben
Das denkt Agnes oft, wenn sie mit ihren Eltern über die Zeit vor und nach der Wende spricht. Denn schließlich war das Jahr 1989 ein Jahr, das Leben verändert hat. Ein Jahr, das viele Leben in völlig andere Bahnen gelenkt hat, das große Chancen eröffnet hat, das Träume wahr werden ließ, aber das auch manchen Menschen, der mit diesen Veränderungen nicht klarkam, vor echte Herausforderungen stellte. Immer wieder spielt Agnes mit dem Gedanken, das alles mal festzuhalten. Aber nicht unbedingt mit dem Fokus darauf, was sich alles so vor der Wende abgespielt hat, sondern mehr so aus der Sicht eines Kindes oder einer Jugendlichen, die zwar in der DDR geboren wurde, sie aber nie erlebt hat und in einem Umfeld aufgewachsen ist, das sie zwar ihre Heimat nennen kann, aber wo sie nicht verwurzelt ist.
Während Agnes, wie so oft, wieder einmal darüber nachdenkt, wie sie es anstellen soll, ihre Erlebnisse und die ihrer Eltern niederzuschreiben, wird ihre Aufmerksamkeit auf Meminto-Stories gelenkt. Und damit hat sie die Lösung ihres Problems. Denn mit Meminto-Stories werden Geschichten geschrieben. Geschichten, die in einem echten Buch gesammelt und gedruckt werden. Ganz persönlich, ganz individuell. Auf meminto.com findet sie den Bereich „Elternbuch“. Hier werden bestimmte Ereignisse und Erfahrungen aus der Sicht von Kindern beschrieben. Und zwar auf Basis von Fragen, wie die Eltern sie stellen würden. Das findet Agnes eine ganz tolle Idee, denn damit kann sie die Ereignisse und Erlebnisse ihrer Familie festhalten, und zwar aus ihrer Sicht, der Sicht eines Mädchens, das zwar in Ostdeutschland geboren wurde, aber in einem völlig anderen politischen und wirtschaftlichen System aufgewachsen ist. Und sie beschließt, sich noch heute bei meminto.com/de einen Account anzulegen und mit „ihrem Elternbuch“ zu starten.
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